Von Schreibmaschine bis Machine Translation

Nach 37 Jahren als Projektmanager, operativer Leiter und stellvertretender Geschäftsführer wechselt «Mr. Translingua» Alex Burlet in den Ruhestand.

Nicht alltäglich: Alex‘ Arbeitsvertrag von 1988

Er erlebte nicht nur sämtliche technologischen Veränderungen des Büroalltags – quasi von der Schreibmaschine bis ChatGPT –, sondern auch die dynamische Entwicklung der Schweizer Wirtschaft.

Alex Burlet hat Translingua sehr stark geprägt, und zwar durch seine Offenheit für neue Technologien, Zuverlässigkeit, Präzision und Kundenorientierung. Wir wollen von ihm erfahren, wie er die letzten 37 Jahre erlebt hat.

Alex, wie verlief dein Start bei Translingua?

Norma Ceriani, die damalige Geschäftsführerin, hatte mich auf eine Stellenanzeige per Chiffre kontaktiert. Ich war vorher in der Personalvermittlungsbranche tätig. Das Translingua-Büro befand sich damals an der Quellenstrasse im Gebäude des Schweizerischen Arbeiterhilfswerks. 1990 sind wir dann an die Geibelstrasse umgezogen.

Wie wurden die Übersetzungsaufträge Ende der 80er Jahre umgesetzt?

Standardmässig wurden die Übersetzungen von unseren Übersetzerinnen und Übersetzern auf Schreibmaschinen getippt. Das Lektorat erfolgte mittels Tipp-Ex und Korrekturband. Um das Textvolumen zu berechnen, wurden die Zeilen von Hand ausgezählt. Der Versand erfolgte per Post; wenn es eilig war per Kurierdienst.

Wie veränderte sich dieser doch sehr analoge Prozess?

Der grosse technologische Fortschritt war damals der Telefax. Allerdings dauerte die Übermittlung pro Seite zuerst noch drei Minuten und war nicht immer von gut lesbarer Qualität. Danach folgte der steigende Einsatz von Textverarbeitungsprogrammen. Getippte Dokumente wurden per OCR-Erkennung eingelesen. Nebst dem Versand per Diskette begannen wir sehr früh, Dateien per Modem zu übermitteln.

Was hat den Arbeitsalltag im gesamten Zeitraum am meisten verändert?

Am meisten wohl die E-Mail. Diese ersetzte nach und nach den Fax- und Postversand. Für die Übersetzerinnen und Übersetzer war es sicherlich das Internet, welches die Recherche massiv vereinfachte. Dazu kam der generelle Fortschritt in der Digitalisierung und auch MS Office, das sich als Standard durchgesetzt hat. CAT-Tools, allen voran Trados, revolutionierten das Übersetzen von repetitiven Texten. Breitband-Internet ermöglichte es, grosse Dateien zu übertragen.

Wie hat sich die Kundenstruktur im Laufe der Zeit verändert?

In den 1990er Jahren waren viele mittlere und grosse Schweizer Industriefirmen regelmässige Kunden. Ein weiteres Standbein waren Aufträge aus der Pharma- und Chemiebranche. Viele Autokonzerne leisteten sich für den Schweizer Markt eigene Prospekte, ebenso die grossen Marken der Unterhaltungselektronik. Durch die Globalisierung und Verlagerung ganzer Industrien ins Ausland fielen diese Aufträge bei uns teilweise weg. Umgekehrt kamen andere Sektoren dazu, wie IT, Finanzwesen, Lebensmittel, Bau, Bildung oder Non-Profit. Aufgrund des langjährigen Erfahrungsschatzes kann Translingua eine sehr hohe Spezialisierung bieten und beispielsweise wissenschaftliche Themen oder Nukleartechnologie abbilden.

Welche Highlights gab es in den knapp vier Jahrzehnten?

Generell die Möglichkeit, einen tiefen Einblick in die verschiedensten Themen und Fachbereiche zu gewinnen. Es gab und gibt immer wieder sehr spannende Buchprojekte, beispielsweise über Augusta Raurica, die Geschichte der Salzgewinnung, Portraits von Küchenchefs aus allen Kantonen, die Landessausstellung Svizra27, einen Wirbeltieratlas oder ein Bildband vom Simmentaler Fleckvieh. Zudem bearbeiten wir oftmals auch sehr vertrauliche Inhalte, wie zum Beispiel zur Armeereform 95 oder ganz allgemein zu Umstrukturierungen und Fusionen. Ich kann sagen, dass es nie zu Datenlecks oder Indiskretionen gekommen ist.

Welche Aufträge hast du am liebsten?

Etwas vom anspruchsvollsten sind Jahresberichte. Dort ist alles gefragt, was ein erfolgreiches Projektmanagement ausmacht. Auch hektische Phasen mag ich gerne, wo Übersicht und Schnelligkeit entscheidend sind und auch die unmöglichsten Anliegen umgesetzt werden können.

Was ist die Rolle der Linguisten, und wie hat sie sich gewandelt?

Da ich selbst kein Linguist bin, hatte ich immer grossen Respekt vor den Sprachexpertinnen und -experten und erachte es als Privileg, mit ihnen zusammenarbeiten zu dürfen. Sie sind am Ende diejenigen, welche um einzelne Worte oder Formulierungen ringen, damit die bestmögliche Übersetzung oder Revision zustande kommt. Die Leidenschaft und das Sprachgefühl sind meiner Meinung nach noch immer die wichtigste Voraussetzung für gute Texte. CAT-Tools und Maschinelle Übersetzung sind zwar wichtige Helfer, aber für den Feinschliff braucht es die Sprachkönner.

Wie verläuft diese Zusammenarbeit?

Bei Translingua ist es immer zentral gewesen, dass eine faire Partnerschaft besteht. Im Projektmanagement versucht man, alle Bedürfnisse – wie angemessener Zeitrahmen, gutes Informationsmaterial und kompetente Aufbereitung der Daten – möglichst gut unter einen Hut zu bringen. Die meisten Linguistinnen und Linguisten sind seit vielen Jahren oder sogar Jahrzehnten bei uns. Ein Highlight war sicherlich, einen langjährigen Übersetzer in Malaysia persönlich zu treffen.

Kann man nach so langer Zeit einfach loslassen, und was sind deine Pläne für die Zeit nach Translingua?

Die Idee, mich früher zu pensionieren, ist langsam gereift. Mitentscheidend war sicherlich auch, jetzt, wo ein neues Zeitalter im Zeichen der KI beginnt, das Feld einer frischen Kraft zu überlassen, damit Translingua weiterhin mit der bewährten Qualitätsleistung und Kundenfreundlichkeit seinen Platz im Markt behaupten kann.

Ich freue mich sehr, in naher Zukunft mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen, meinen Hobbys nachzugehen und noch mehr das Leben am Bodensee zu geniessen.

Alex Burlet hat bei Translingua grosse Zeichen gesetzt. Wir danken ihm herzlich für seine Treue und sein überragendes Engagement für das Unternehmen.