GPT-3 ist eine Software, die mittels künstlicher Intelligenz (KI) selber Texte erstellt. Translingua-Praktikantin Laura Elber hat das neue Tool ausprobiert.
Nur den ersten Satz tippen und der Rest des Textes wird ganz von alleine fertiggeschrieben – zu schön, um wahr zu sein? Nicht mehr. Mittlerweile ist es möglich, dass Programme anhand von künstlicher Intelligenz fast selbstständig Texte generieren.
GPT-3, aus dem Englischen Generative Pre-Trained Transformer 3, ist eines dieser Programme. Es funktioniert gemäss dem Anbieter OpenAI ähnlich wie unser Gehirn. Die künstliche Intelligenz GPT-3 basiert auf einem neuronalen Netzwerk. Dieses Netzwerk wird mit einer grossen Anzahl an Texten «gefüttert», die es anhand von sogenanntem «Deep Learning» aufs Genaueste analysiert. Die künstliche Intelligenz prägt sich dabei die Strukturen und Muster dieser Texte ein und lernt, wie sie aufgebaut sind. Mit diesen Daten im Gepäck ist die KI dann in der Lage, selbst Texte zu kreieren. OpenAI wurde von Tesla-CEO Elon Musk mitbegründet und seither stetig weiterentwickelt.
Erste Versuche
Ich wollte es genauer wissen und habe selber einen Versuch gestartet. Damit GPT-3 einen Text erstellen kann, benötigt das Programm einen Auftrag, einen sogenannten «prompt». Dazu gibt es eine lange Liste an Vorlagen, aber am einfachsten ist es, den Befehl selbst auszuformulieren. Zum Start habe ich folgende Aufgabe gestellt: «Erkläre, wie eine Schallplatte funktioniert.» GPT-3 hat daraufhin folgenden Text erzeugt: Auf einer Schallplatte ist eine Spur aus konzentrischen Kreisen eingraviert. In der Mitte der Platte befindet sich ein Loch, durch das ein Tonarm mit einem Nadelkissen geführt wird. Die Nadel des Tonarms wandert entlang der Spur und erzeugt dabei Schallwellen, die von einem Lautsprecher wiedergegeben werden.
Nicht schlecht. Das war aber auch eine sehr sachliche Frage. Darum als Nächstes eine ganz andere Frage: «Was ist deine Lieblingsfarbe?» Die Antwort von GPT-3: Meine Lieblingsfarbe ist blau.
Gedichte und Kurzgeschichten
Wenn das mit der Lieblingsfarbe schon klappt, dann möchte ich nun wissen, ob GPT-3 auch mit etwas kreativeren Aufgaben zurechtkommt. Die Aufgabe lautet: «Schreibe ein Gedicht über einen Leuchtturm.»
The light shines in the darkness
Guiding the ships to safety
Standing tall and proud
A beacon of hope in the night
The light has shone for years
Protected by the keeper
Who watches over it day and night
To make sure it never goes out
The light is a symbol of hope
For those who are lost at sea
A guide to lead them home
A sign that there is always a way back
Ups … da hat sich GPT-3 wohl in der Sprache vergriffen. Diese kann nämlich bei OpenAI nicht manuell eingestellt werden. Man muss hoffen, dass GPT-3 aus der Aufgabe herauslesen kann, welche Sprache gesprochen wird. Kurzerhand habe ich deshalb die Aufgabe angepasst: «Schreibe ein deutsches Gedicht über einen Leuchtturm», und voilà, das Resultat:
Am Leuchtturm
Ist ein Leuchtturm,
der in der Nacht
Wacht über das Meer.
Er leuchtet hell,
Doch nur für kurze Zeit,
Bis am Horizont
Ein neuer Tag beginnt.
Ein holpriger Einstieg, aber der zweite Vers kann sich sehen lassen. Ob das Gedicht eine tiefere Bedeutung hat, muss jeder für sich selbst entscheiden. Versuchen wir es mit einer weiteren kreativen Aufgabe. Lassen wir GPT-3 eine Geschichte schreiben. Ich gebe der KI die Aufgabe: «Schreibe eine Kurzgeschichte im Stil von Goethe.»
Es war einmal ein junger Mann namens Thomas, der durch die malerischen Gassen seiner Heimatstadt wanderte. Die Sonne schien hell und die Welt wirkte voll von Freude und Hoffnung. Thomas liebte es, durch die Stadt zu schlendern und die Schönheit der Natur zu bewundern. Er kam zu einem alten, verlassenen Turm, der auf einem Hügel über der Stadt thronte. Er betrat den Turm und staunte, als er sah, dass die Räume darin vollgestopft waren mit alten Büchern, Gemälden und Artefakten. Als er die Treppe hinaufstieg, konnte er das leise Murmeln von Stimmen hören.
Naja … Der Inhalt könnte zwar von Goethe stammen, die Sprache aber überhaupt nicht. Ich versuche also, die Aufgabe etwas umzustellen: «Schreibe eine Kurzgeschichte im Stil des 18. Jahrhunderts.»
Es war einmal ein tapferer junger Mann namens Francis. Er war der Sohn eines reichen Gutsbesitzers, aber er hatte ein sehr einfaches Leben. Er war immer sehr leidenschaftlich, wenn es darum ging, anderen zu helfen, und er konnte es kaum ertragen, andere in Not zu sehen. Eines Tages erfuhr Francis, dass seine Gemeinde von einer schrecklichen Hungersnot heimgesucht wurde. Ohne zu zögern, machte er sich sofort auf den Weg, um den Menschen in seiner Gemeinde zu helfen. Er sammelte alle Nahrungsmittel, die er finden konnte, und brachte sie in die Gemeinde. Er half auch den Menschen bei der Wiederherstellung ihrer Häuser und beim Anbau von Gemüse und Getreide.
Hier wieder dasselbe. Der Inhalt ist passend, die Sprache eher weniger. Was sich jedoch sagen lässt: Es fällt nicht auf, dass der Text nicht von einem Menschen geschrieben wurde!
Slogan
Die nächste Aufgabe ist etwas kürzer, dafür aber umso anspruchsvoller und vielleicht sogar nützlich für Translingua: «Schreibe einen deutschen Slogan für einen Sprachdienstleister.» Und ich habe aus dem Versuch mit dem Gedicht gelernt. Dieses Mal habe ich angegeben, dass ich den Text auf Deutsch möchte. Das erste Resultat: Sprachen lernen leicht gemacht – mit unserem Sprachdienstleister!
Wir bieten keine Sprachkurse an, das passt also nicht ganz. Ich passe die Aufgabe an: «Schreibe einen deutschen Slogan für einen Sprachdienstleister, der Übersetzungen, Lektorate und weitere Sprachdienste anbietet.» Das zweite Resultat: Sprachen sind unsere Welt.
Okay, schon besser. Ich stelle die gleiche Aufgabe nochmals, um zu schauen, was GPT-3 sonst noch vorschlägt. Sprachen verbinden – mit uns kommunizieren Sie auf der ganzen Welt! –Nicht schlecht, das könnte man sogar in Betracht ziehen.
Aktualität und Zukunftsblick?
Bisher haben wir fiktionale und kreative Fragen gestellt. Nun frage ich mich aber, wie viel die KI wirklich weiss. Ich stelle folgende Aufgabe: «Beschreibe das Leben von Alain Berset.»
Alain Berset wurde am 22. Januar 1970 in Freiburg, Schweiz, geboren. Er begann seine akademische Karriere an der Universität Freiburg, wo er Politikwissenschaft, Soziologie und Rechtswissenschaften studierte. Nach seinem Abschluss arbeitete er als Berater für verschiedene Parlamente in der Schweiz. Im Jahr 2003 wurde er zum Mitglied des Nationalrates gewählt und in den folgenden Jahren nahm er auch an mehreren …
Dieses Mal ist das Resultat sprachlich einwandfrei. Inhaltlich ist der Text aber leider komplett falsch: Alain Berset ist weder am 22. Januar 1970 geboren, noch hat er an der Universität Freiburg Soziologie oder Rechtswissenschaften studiert. Ebenso war er nicht «Berater für verschiedene Parlamente in der Schweiz» und er wurde auch nie in den Nationalrat gewählt. Eigentlich überraschend, dass dieser Text so falsch ist, wo doch der allererste Auftrag mit der Schallplatte so gut ausgeführt wurde.
Versuchen wir es mit einer aktuellen Frage: «Schreibe einen kurzen Bericht zum WM-Spiel Schweiz gegen Portugal am 06.12.2022.»
Am 06.12.2022 fand das WM-Spiel zwischen der Schweiz und Portugal in der Arena Fonte Nova statt. Beide Mannschaften waren gut vorbereitet und präsentierten eine spannende Partie. Die Schweizer erwischten den besseren Start und machten das Spiel frühzeitig. In der 7. Spielminute erzielte der Schweizer Stürmer Stierli das 1:0. Portugal kam in der Folgezeit zurück ins Spiel, aber die Schweizer Verteidigung stand gut und ließ nichts zu. In der zweiten Halbzeit versuchte Portugal den Ausgleich zu erzielen, aber die Schweizer waren auf der Hut und verteidigten ihren Vorsprung. In der 78. Spielminute erhöhte der Schweizer Mittelfeldspieler Zaugg auf 2:0 und sicherte seinem Team den Sieg.
Das ist leider auch vollkommen falsch. Nicht-fiktive Texte scheinen also eine Schwachstelle der KI zu sein, vor allem wenn es um Aktualität geht. Versuchen wir es zum Schluss noch mit einer anderen Frage: «Was sind die Lottozahlen vom Freitag, 16.12.2022?»
Diese Lottozahlen sind noch nicht bekannt, da das Datum in der Zukunft liegt.
Schade. Einen Versuch war es wert …
Fazit
GPT-3 hat eine lange Liste an Funktionen, und ich muss zugeben, es macht wirklich Spass, sie auszuprobieren. Die letzte jedoch, die ich in diesem Artikel ausprobieren möchte, ist das Zusammenfassen: Mit dem prompt «tl;dr» (Abkürzung für «too long, didn’t read», auf Deutsch also etwa «zu lang, habe ich nicht gelesen») kann ein Text zusammengefasst werden. Und genau das habe ich mit diesem Artikel gemacht: GPT-3 bietet eine fantastische Möglichkeit, schnell und mühelos Texte zu erstellen. Vor allem für kreative Aufgaben und reine Fiktion funktioniert das Programm wirklich gut. Sobald es aber um Aktualität und Fakten geht, sollte man sich nicht auf GPT-3 verlassen.
Diese Zusammenfassung ist etwas knapper ausgefallen als erwartet, sie ist aber durchaus wahr.
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