Wenn Sie bei Translingua eine Übersetzung in Auftrag geben, organisiert ein Projektmanager die Abwicklung und liefert Ihnen das fertige Produkt. Aber haben Sie sich schon einmal gefragt, wer Ihr Dokument eigentlich übersetzt?
Félix Baumann, ein erfahrener, französischsprachiger Übersetzer mit Wohnsitz in Delémont, gibt Einblicke in seinen Beruf.
Félix, was ist dein sprachlicher Hintergrund?
Meine deutschsprachigen Eltern zogen 1977 in diesen französischsprachigen Landesteil – ein Jahr, bevor der Kanton Jura gegründet wurde. Ich bin nicht wirklich bilingual. Zu Hause haben meine Eltern miteinander Schweizerdeutsch gesprochen. Mit uns sprachen sie es allerdings nie. Einerseits, weil unsere Schulbildung auf Französisch erfolgte, und andererseits, weil es zu dieser Zeit im Jura aufgrund des politischen Konflikts mit dem Kanton Bern verpönt war, Schweizerdeutsch zu sprechen.
Erzähl uns von deiner Ausbildung und deinem beruflichen Werdegang. Hast du schon immer als Übersetzer gearbeitet oder kamst du erst auf Umwegen zu diesem Beruf?
Ich war schon immer Übersetzer. Vor elf Jahren bewarb ich mich für einen Job bei einer Übersetzungsagentur in der Nähe von Bern, nachdem ich meinen Master in Deutsch, Russisch und Anthropologie an der Universität Lausanne abgeschlossen hatte. Ich verfüge über gute Fremdsprachkenntnisse in Deutsch und Russisch, übersetze aber hauptsächlich von Deutsch nach Französisch und manchmal vom Englischen ins Französische. Nach zwei Jahren bei der Agentur machte ich mich als freiberuflicher Übersetzer selbstständig und arbeite nun unter anderem für Translingua in Zürich. Translingua hat interessante Kunden und pflegt sehr langfristige und persönliche Beziehungen zu ihren Übersetzerinnen und Übersetzern.
Welches sind deine Spezialgebiete und weshalb? Hast du persönliche Interessen, die du in deinen Übersetzeralltag einbringen kannst?
Meine Spezialgebiete sind Sport und Immobilien. Ich übersetze gerne für Sportanlässe (ich übersetzte früher für das Swiss Indoors Tennisturnier) und Sportorganisationen. Dank meiner Erfahrung in diesem Gebiet konnte ich beispielsweise einem Kunden helfen, die Unterscheidung zwischen Spitzensport und Leistungssport zu machen – zwei Begriffe mit unterschiedlicher Bedeutung. Als Ausgleich zu meinem «sitzenden» Job tobe ich mich gerne im Sport aus, z. B. beim Tennisspielen, Salsatanzen und im Winter beim Skifahren. Ich gehe auch windsurfen und segeln, aber nicht im Jura. Sportbezogene Texte zu übersetzen fällt mir deshalb leicht. Das Immobilienwesen wurde hingegen zu meinem Spezialgebiet, weil ich für einen grossen Kunden aus der Branche viel übersetzen durfte. So lernte ich das nötige Vokabular sehr schnell.
Was hältst du von technologischen Entwicklungen wie der maschinellen Übersetzung?
Die Technologie hat sich erheblich weiterentwickelt und hilft uns dabei, die Qualität der meisten Textsorten zu verbessern – auch wenn die Sprache mit guten Formulierungen, Nuancen und Feinheiten dabei etwas das Nachsehen hat. Ich glaube auch, dass viele Texte zukünftig maschinell übersetzt werden und dass Übersetzer vor allem für die Qualitätskontrolle zuständig sein werden. Ich habe an Tests mit maschinellen Übersetzungen teilgenommen. Die Technologie scheint mir jedoch für viele Textarten noch nicht reif zu sein. Im Moment verwendet man mehr Zeit damit, die Texte zu korrigieren, als wenn man die Übersetzung selbst gemacht hätte. Aber ich bin mir sicher, dass die Lage in Zukunft anders aussehen wird.
Was bietest du als Fachübersetzer, was die Technik nicht bieten kann?
Manchmal erkennt eine Maschine den Sinn eines Textes nicht, vor allem wenn Humor oder Ironie eine Rolle spielen. Als Übersetzer mit menschlicher Intelligenz und der Fähigkeit, die richtige Wahl zu treffen, werde ich der Technologie immer etwas voraushaben. Das ist der Unterschied.
Gibt es kulturelle Unterschiede zwischen der französischsprachigen und der deutschsprachigen Schweiz, was Übersetzungen angeht?
Da ich nur mit Deutschschweizern zusammenarbeite, ist es schwierig für mich, das zu beurteilen. Aber manchmal ist es witzig, die unterschiedlichen Meinungen – je nach Westschweizer Region – darüber, was korrekt ist und was nicht, zu hören. Als ich für die Kantonalbanken arbeitete, führte ich viele solcher Diskussionen.
Wie sind die Zukunftsaussichten des Übersetzerberufs?
Wir werden wohl auf immer mehr technische Hilfsmittel zurückgreifen können und mehr Aufgaben in der Qualitätskontrolle übernehmen. Im Grossen und Ganzen sehe ich die Zukunft positiv und ich bin überzeugt, dass Übersetzer immer gefragt sein werden.
Wenn du einen anderen Beruf ausüben könntest, welcher wäre das?
Skipper auf einem Segelschiff.
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